Kerstin schaute mich fragend an, während ich fragend alles anschaute.
“Wie sieht es denn hier aus?”, entfuhr es mir unwillkürlich.
“Wie meinen Sie das? Und überhaupt, wo waren Sie die ganze Zeit?”
“Ach. Hier und da. Ich meine, hier sieht irgendwie alles anders aus!”
“Ja, das stimmt. Möchten Sie eine Trinkschokolade? Chili Bird´s Eye?”
Kerstin hatte manchmal schon einen schrägen Humor. Ich beschloss, darauf nicht einzugehen und setzte mich an den Tisch neben der Heizung.
“Götterdrink bitte”, sagte ich dann nur. “Und eine Schokotarte.”
“Mit oder ohne Sahne?”
“Ohne bitte.”
Während die Trinkschokolade vorbereitet wurde, machte sie meinen Teller mit der Schokotarte fertig und brachte ihn mir. Dann setzte sie sich auf die andere Seite des Tisches.
“Ich meine das ernst, Herr Mut. Wo waren Sie denn? Seit der Geschichte mit diesen komischen Geisterpiraten habe ich Sie nicht gesehen! Außerdem, wollten Sie nicht die Geschichte zu Ende schreiben?”
“Doch, schon”, murmelte ich mit vollem Mund. Ich liebte die Schokotarte! “Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das wirklich tun sollte.”
“Wieso denn nicht?!”, fragte sie entgeistert. “Die Leute warten doch darauf!”
“Ja, schon. Aber ich mache keine so gute Figur dabei.”
“Okaaay … Das finde ich allerdings nicht. Wir haben doch sozusagen gewonnen, und daran waren Sie ja beteiligt.”
“Ja, schon. Aber das mit Lola …”
“Oh, das meinen Sie!”, rief sie breit grinsend aus. “Das war doch süß!”
“Süß?!” Ich musste daran denken, wie Fiona jetzt ausrasten würde. Aber ich war ja nicht Fiona. Zum Glück. Obwohl sie die Piraten wahrscheinlich mit links erledigt hätte, mit ihren Feuerbällen und so. Na gut, sie hätte es vielleicht mit ihrem Mundwerk versucht und es geschafft.
Aber sie war nun einmal nicht dabei.
“Entschuldigung”, erwiderte Kerstin, immer noch grinsend. “Also ich bestehe darauf, dass Sie das zu Ende niederschreiben, und zwar möglichst zeitnah. Schaffen Sie das?”
“Ich glaube schon.” Ich sah sie aus großen Augen an. Dass sie es wagte, mit einem Ideengeist so zu reden? Aber eigentlich hatte sie ja recht. “Ja, gut, ich mache das. Zeitnah.”
“Sehr schön”, sagte sie zufrieden und erhob sich. “Entschuldigen Sie, Herr Mut, ich muss mich um meine neuen Gäste kümmern. Genießen Sie die Tarte und die Trinkschokolade.”
“Danke”, murmelte ich, dann war sie auch schon weg.
Seufzend starrte ich mein Zotter-Glas an. Das wird bestimmt peinlich werden. Vielleicht sollte ich die Sache mit Lola einfach weglassen. War ja für die Geschichte eigentlich nicht so wichtig.
Erneut seufzend trank ich den Götterdrink aus, aß das letzte Stück von der Schokotarte, bezahlte und ging aufgewühlt aus dem Café. Die Erinnerung an Lola setzte alles in Bewegung.
Vielleicht sollte ich sie einfach mal besuchen?